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Transparency in Sustainability

Trippen wurde in der Ökobewegung der frühen neunziger Jahre gegründet und setzt seinen innovativen Weg seitdem fort. Um den Entwicklungsprozess transparent zu gestalten, werden Symbole eingeführt, die die nachhaltigen Aspekte eines jeden Schuhs erklären. Ich habe mit einem der Gründer, dem Designer Michael Oehler und der Designerin Claudia Hoess über die Geschichte, die hinter der Herstellung ökologischer Schuhe steckt, gesprochen.

Michael, als du und Angela Spieth Anfang der neunziger Jahre die Firma gegründet habt, was war die Idee hinter den ersten Trippen-Schuhen?
Michael: Bevor wir mit Trippen 1991 anfingen, hatten wie die Idee, unsere Prototypen ohne Klebstoff herzustellen. Alles wurde mechanisch zusammengefügt. Leider wurde uns schnell klar, dass das viel Mühe erfordert und trotzdem keine Lösung für serientaugliche Schuhe ist. Dennoch war es ein wichtiger Schritt, der uns später immer wieder neue Wege erschlossen hat. Zwischen Massenmarkt und High Fashion waren zu dieser Zeit nicht viele interessante Schuhe zu finden. Deshalb wollten wir Ansätze finden, die einzigartig sind und anders aussehen.

Was ist das Hauptziel / Wichtigste für dich bei der Herstellung von Trippen-Schuhen?
Michael: Generell sind die grundlegenden Werte für uns das Design, Ökologie, soziale Verantwortung und natürlich Schuhe zu fertigen, die Spaß an einer langen Nutzung machen. Unser Ziel ist es, zwischen diesen vier Ansprüchen unsere Marke zu verhandeln, um immer bessere Schuhe zu entwickeln.

Claudia, kannst du uns etwas über deine Rolle bei Trippen sagen?
Claudia: Ich bin seit Anfang 1995 dabei. Zuerst lernte ich von Michael, wie man Schuhe herstellt. Später bin ich dann Schritt für Schritt in alle Bereiche von Trippen hineingewachsen. Heute arbeite ich eng mit Michael zusammen, wir entwickeln gemeinsam Ideen und ergänzen einander. Es ist ein sehr fließender Prozess. Für gewöhnlich entwickelt Michael nachhaltige, ökologische und funktionale Verbesserungen, und dann arbeiten wir gemeinsam an dem Design. Mit anderen Worten: form follows function.

Könnt ihr etwas über den von euch erwähnten Verhandlungsprozess erzählen, bei dem diese vier Ansprüche in Einklang gebracht werden?
Claudia: Ich erinnere mich, als Michael schon ganz am Anfang wasserbasierten Klebstoff einführen wollte und unsere Mitarbeiter in der Produktion das aber ablehnten. Sie befürchteten, dass er ihre Arbeit verlangsamen würde, weil die Trocknungszeit 10-15 Minuten länger dauert. Michael überzeugte ein Mädchen, das noch nicht so lange dabei war, 2 Monate lang mit wasserbasiertem Kleber zu arbeiten, damit die anderen sehen können, dass der neue Kleber den Ablauf nicht ausbremst. Man musste sich nur etwas anders organisieren und anpassen. Heute verwenden wir fast ausschließlich wasserbasierten Klebstoff, der viel ökologischer und weniger gesundheitsschädlich ist.

Was hat Euch dazu gebracht, die nachhaltigen Symbole einzuführen?
Claudia: Von Anfang an haben wir immer daran geglaubt, dass das Design unserer Schuhe die nachhaltigen Aspekte visuell kommuniziert. Schuhe sind sehr komplex. Da sich die Leute immer weniger Zeit nehmen, ist mit einer Kommunikation in schnellen Bildern dem Thema nicht beizukommen. Hier kommen die Symbole ins Spiel.

Michael: Die Symbole bringen es auf den Punkt, würde ich sagen. Sie führen uns näher an den Prozess heran. Es ist nicht nur eine Schwarz-Weiß-Definition unserer Bemühungen, sondern vielmehr eine detaillierte und ehrliche Art der Kommunikation, wie weit wir gerade sind. Wir werden unseren Weg fortsetzen und weiterhin daran arbeiten, Schuhe herzustellen, die besser für die Umwelt, für uns und unsere Kunden sind.
 



"Die Symbole bringen es auf den Punkt, würde ich sagen. Sie führen uns näher an den Prozess heran. Es ist nicht nur eine Schwarz-Weiß-Definition unserer Bemühungen, sondern vielmehr eine detaillierte und ehrliche Art der Kommunikation, wie weit wir gerade sind."

 



Lasst uns über einige der Symbole sprechen. Wir haben bereits den Kleber auf Wasserbasis erwähnt. Was ist mit dem chromgegerbten Leder?
Michael: Das ist, wie viele Verbesserungen, auf eine Negativerfahrung zurückzuführen. Vor Trippen habe ich bei einem Orthopädieschuhmacher gearbeitet. Dort hatten sie einen sehr kleinen Raum, in dem mehrere Mitarbeiter mit chromgegerbtem Leder und Lösungsmittelklebstoffen arbeiteten. Ich hatte an der eigenen Haut gespürt, wie belastend diese Arbeitssituation war. Das ist einer der Gründe, warum ich darauf bestand, in unserer Produktion in großen, luftigen Räumen mit Lüftungsanlagen zu arbeiten, die die Luft von belastender Verschmutzung befreien.

Claudia: Es ist uns fast vollständig gelungen, chromgegerbtes Leder zu ersetzen. Unser Leder hat eine offene Oberfläche, wodurch Kratzer und Fehlstellen deutlich sichtbar bleiben. Diese müssen unsere Mitarbeiter beim Zuschnitt vermeiden, also mehr oder weniger drum herum schneiden, was mehr Zeit in Anspruch nimmt und den Prozess nicht automatisierbar macht. Trotzdem ist es sowohl für die Leute bei uns in der Produktion als auch für die Füße unserer Kunden besser. Diese Leder altern außerdem sehr viel schöner.

Was könnt ihr über die pflanzliche Gerbung sagen?
Michael: Der pflanzliche Gerbprozess des Leders dauert viel länger als der auf Chrom basierte Prozess, hat jedoch viele Vorteile in Bezug auf Komfort, Nachhaltigkeit und belastet natürlich weniger die Umwelt. Eine der Herausforderungen besteht darin, dass vegetabil gegerbtes Leder in der Produktion schwieriger zu verarbeiten ist. Wir können Wärme und Feuchtigkeit nicht so nutzen, wie es bei Chromleder möglich ist. Daher müssen wir schon während des Design- Prozesses neuer Modelle alternative Lösungen finden.

Was sind eure Erfahrungen mit den neuen naturbasierten Lederalternativen wie zum Beispiel dem Ananasleder?
Michael: Wir hatten viele Arten von veganen „Ledervarianten“ zum Anfassen im Atelier, aber es altert nicht schön und hält auch nicht so lange wie echtes Leder. Oft fühlt es wie eine schlechte Interpretation von echtem Leder an. Holz-, Apfel- oder das Ananasleder erzählen wunderbare Geschichten - für eine langjährige Nutzung, wie für unsere Schuhe notwendig, eignen sie sich aber noch nicht. Daher arbeiten wir gerade an verschiedenen textilen Ansätzen.

Ich weiß, dass Ihr intensiv an der Entwicklung von veganen Schuhen arbeitet. Könnt ihr uns einen Einblick in diesen Prozess geben?
Michael: Der vegane Schuh hat einen ganz neuen Ansatz. Es fühlt sich für mich komisch an, ohne Leder und Gummi zu arbeiten, wir müssen komplett umdenken. Bisher habe ich beim Designen vor allem der Langlebigkeit des Schuhs viel Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist fast so, als würde ich einen „heiligen Schuh“ entwickeln, wenn wir uns darauf beschränken, nur vegane oder biologisch abbaubare Materialien zu verwenden. Seit einigen Jahren verfolgen wir jede Entwicklung und testen sie mit unseren Schuhen. Bei den Sohlen haben wir für den veganen Schuh einen Schritt zurück zu natürlichem Krepp gemacht, obwohl der Gummi fester und leichter zu ersetzen ist. Wir arbeiten daran und werden in der kommenden Sommerkollektion einige erste Ideen vorstellen.

 



"Der vegane Schuh hat einen ganz neuen Ansatz. Es fühlt sich für mich komisch an, ohne Leder und Gummi zu arbeiten. Wir müssen komplett umdenken. Bisher habe ich beim Designen vor allem der Langlebigkeit des Schuhs viel Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist fast so, als würde ich einen „heiligen Schuh“ entwickeln, wenn wir uns darauf beschränken, nur vegane oder biologisch abbaubare Materialien zu verwenden."

 



Den Naturkautschuk haben wir ja jetzt schon mal erwähnt. Könnt ihr darüber noch mehr sagen?
Claudia: Der Naturkrepp ist bei warmen Temperaturen sehr weich und wird bei Kälte hart. Diese Eigenschaften bringen viele Herausforderungen für die Produktion mit sich. Wir konnten bereits mit unseren Kinderschuhen und anderen Projekten Erfahrungen sammeln. Daher kennen wir die Zugeständnisse, die wir für den veganen Schuh machen werden. Den Naturkrepp kann zwar jeder Schuhmacher reparieren, dafür wird es viel schwieriger mit der Haltbarkeit der Oberteile.

Die Reparierfähigkeit der Schuhe war schon immer ein wichtiger Bestandteil von Trippen. Mich würde interessieren, wie viele Trippen-Schuhe etwa jährlich von euch repariert werden.
Claudia: Ja, beim Entwerfen wird dieser Aspekt schon immer berücksichtigt. Eine Reparaturwerkstatt befindet sich in unserer Produktion in Deutschland und die zweite in Japan. Beide zusammen besohlen etwa 6000 Paar Trippen-Schuhe pro Jahr neu.

Michael: Kürzlich erhielten wir einen Brief von einem unserer Kunden, der seine 15 Jahre alten Schuhe zur Reparatur schickte. In seinem Brief drückte er aus, wie dankbar er ist, dass er seine Schuhe auch zur vierten Neubesohlung schicken kann. Dieses Beispiel zeigt, dass die Nutzungsdauer der Schuhe unser größter Beitrag zum Umweltschutz ist. Ein wichtiges Ziel unseres Designs ist: die Schuhe müssen lange gut aussehen.

Trippen hatte von Anfang an das Ziel, nicht nur ökologisch, sondern auch sozial verantwortlich zu agieren. Kürzlich wurde Trippen mit dem Brandenburgischen Integrationspreis ausgezeichnet. Könntet ihr uns etwas mehr darüber erzählen?
Michael: Als sich Mitte der neunziger Jahre der wirtschaftliche Aufschwung in Ostdeutschland nicht überall wie versprochen entwickelte, beschlossen wir, eine Manufaktur in Zehdenick aufzubauen. Es war eine Gelegenheit, wie man der Arbeitslosigkeit dort entgegenwirken konnte. Anfangs, als wir noch unsere Werkstatt in Kreuzberg hatten, waren schon einige Kriegsdienstflüchtlinge aus dem Balkan mit dabei, später kamen dann noch ehemalige Deutsche aus Russland dazu, die dann in der Produktion in Zehdenick arbeiteten. In diesen Tagen tun wir unser Bestes, um Flüchtlinge aus Afghanistan, Somalia und Syrien zu integrieren. Ich erinnere mich, dass uns gesagt wurde, wir müssten Ärger von der rechten Szene erwarten. Diese Bedrohung motivierte uns eher, als dass sie uns abschreckte. Das Fußballspiel in der Mittagspause hat diesen langen Weg geebnet. Hier wurden Integration, Anerkennung und Respekt auf dem Spielfeld hart erkämpft. In einem hochentwickelten Industrieland wie Deutschland ist es ohne Zuwanderung nicht möglich, ausreichend Mitarbeiter für die handarbeitsintensive Produktion unserer Schuhe zu gewinnen. Daher ist für uns das gemeinsame Arbeiten zielführend.

Text: Jakub Kubica
Foto: Annette Hauschild


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